Rilchingen-Hanweiler. Normalerweise würden die Glocken im Turm an der katholischen Pfarrkirche in Rilchingen-Hanweiler an diesem Samstag nach der 18 Uhr-Messe zum letzten Mal läuten (Saarlokal.de berichtete). Am kommenden Montag sollten die vier Glocken demontiert und Anfang Mai der gesamte Glockenturm abgerissen werden. Wie die Kirchengemeinde und das Bistum Trier mitteilten, ist der Glockenturm baufällig. Die Abrisskosten betragen 150 000 Euro.
Eine Anwohnerin und Vogelbeobachterin schlug allerdings Alarm, nachdem sie den Artikel gelesen hatte. „Im Turm brüten schon seit Jahren in jedem Frühjahr Turmfalken. Auch in diesem Jahr ist das Turmfalkenpaar wieder da“, sagt die Frau aus Rilchingen-Hanweiler. Sie informierte den Naturschutzbund (NABU). Der sagte dem Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) Bescheid.
Mitglieder der Kirchengemeinde behaupteten dagegen, auf dem Turm gebe es keine Falken, sondern nur Tauben. Vor Ort stellte die Saarlokal.de aber zweifelsfrei fest, dass es sich tatsächlich um ein Turmfalkenpaar handelt (siehe Foto). Der NABU bestätigte, dass es Turmfalken sind.
Diese zählen nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den streng geschützten Arten. In Paragraph 44 heißt es: „Es ist verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören“. Und weiter heißt es im Gesetz: „Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“
Mit anderen Worten: Die Kirchengemeinde kann zunächst weder Glocken entfernen, geschweige denn den Turm abreißen. Der NABU teilte mit, dass eine Zuwiderhandlung sogar eine Straftat wäre, da es sich bei den Falken um eine streng geschützte Art handele.
„Wenn es das Gesetz vorgibt, werden wir uns daran halten. Wir müssen allerdings prüfen, wie baufällig der Turm ist und ob er einsturzgefährdet ist“, sagt Pfarrer Matthias Scheer, der für die Pfarreiengemeinschaft Kleinblittersdorf zuständig ist.
Der NABU teilte weiter mit, es dauere etwa drei Monate, bis die kleinen Turmfalken ihre Kinderstube verlassen. Ein Abhängen der Glocken und ein Turmabriss wären also erst Anfang August möglich.
Die Kirchengemeinde möchte den Turm schon seit Jahren abreißen lassen. In diesem Jahr wurden Termine mit Firmen abgemacht, und es hätte losgehen können. Dann kamen die Turmfalken.
Einen ähnlichen Fall gab es im vergangenen Jahr in Saarwellingen. Dort waren in dem stark einsturzgefährdeten Kirchturm bereits Löcher für eine geplante Sprengung gebohrt. Diese Ausnahmesituation erforderte, dass die Turmfalkeneier aus dem Nest genommen und in einer Greifvogelauffangstation ausgebrütet wurden. Was in Rilchingen-Hanweiler passiert, ist noch offen.
Das LUA möchte sich am Wochenende oder spätestens am Montag die Gegebenheiten in Hanweiler anschauen. Gut möglich also, dass die Glocken von St. Walfridus an diesem Samstag doch noch nicht zum letzten Mal läuten. Wie der NABU mitteilte, macht den Falken das gewohnte Glockengeläut direkt neben ihrem „Wohnzimmer“ nichts aus.
Ist der Turm spätestens im Sommer abgerissen, muss sich die Kirchengemeinde laut Gesetz um einen anderen Fortpflanzungsort für die Turmfalken in der Umgehung kümmern. Dabei will der NABU helfen.
Text und Fotos: Heiko Lehmann.
Glockenturm in Rilchingen-Hanweiler wird abgerissen - kein Ersatz in Aussicht
Rilchingen-Hanweiler. An diesem Samstag läuten die Glocken der Katholischen Pfarrkirche in Rilchingen-Hanweiler zum letzten Mal. Um 18 Uhr zu Beginn des Gottesdienste und etwa eine Stunde später noch einmal zum Gottesdienstende und... Mehr